Wenn man einen Hund mit gehobenem Bewegungsdrang hat und 365 Mal im Jahr mit diesem durch Wälder und über Wiesen tobt, braucht man immer Abwechslung.. dabei geht man in immer neuen Stadtteilen spazieren und es ist brennend spannend, wie unterschiedlich dort Halter und Wuff so sind.
Aktuell treibe ich mich aus beruflichen Gründen im Jenisch Park (der gehobene Westen führt seinen Labrador hier Gassi) und um die Alster (hier sind die Hunde durchschnittlich eher kleiner, aber dafür immer schick bekleidet) mehr rum. Besonders die Alsterwiesen und die Hundewiese am Cliff sind der perfekte Ort für Verhaltensstudien „Interaktion Mensch mit Hund“. Und vor allen „Nicht Interaktion“…
In diesen Stadtteilen heißen die Hunde auch automatisch ganz anders: Heute stürzte „Pharao“ (Dalmatiner) auf uns zu und letztens trippelte uns „Jules Verne“ (undefinierbarer weißer Puschel, der sicher ein Rassehund war) hinterher. Beide Hunde wurden offensichtlich multilingual erzogen, denn Pharao sollte auf „Come on“ und „HIIIIIER“ hören. Jules Verne – der von seiner Besitzerin auch immer mit vollem Namen gerufen wurde – wurde sehr frankophil mit Befehlen wie „allez allez“, „on y va“ gelockt. Aber nichts passierte in beiden Fällen.
Die Mittvierziger-Dame die mit Burberry-Schal, sehr modischer und viel zu dünner Jacke und Uggs durch den Matsch hinter Pharao her lief, war komplett überfordert. Eben mit Pharao an der Leine noch so souverän und nun war zu sehen, was Pharao tatsächlich von ihr hielt: Nicht wirklich viel.
Sie forderte mich sogar dazu auf ihren Hund festzuhalten… bis sie ihn dann mit seinem echten Namen rief: „LECKER LECKER“ und mit der Tüte raschelte. Da ging der Kopf hoch und er ließ sich etwas widerwillig anleinen und wegführen.
Ich bin mir sicher, dass es Pharao so richtig gut Zuhause hat – sein besticktes und Fuß geklöppeltes Halsband mit Bling Bling ließ darauf schließen. Aber man sah dem armen Kerl an, dass er seine Besitzerin saulangweilig findet und sich null für sie interessierte. NULL.
Jules Verne war im Jenisch Park in Pixie total vernarrt nach all dem französischen Gebrülle kam die motzige Besitzerin doch angestackelt: ich sollte doch mal endlich stehenbleiben… da ihr Hund uns die ganze Zeit hinterherrannte.
Normalerweise klappt das ja immer ganz gut bei Hunden die einem nachlatschen (das passiert regelmäßig mit einer kastrierten und doch noch gut riechenden Hündin), ich lege dann einfach einen Schritt zu und laufe zügig weiter und ignoriere den Verehrer – irgendwann ist es denen dann zu doof und sie orientieren sich dann doch wieder nach ihrem Besitzer. Ist ihnen dieser Besitzer aber mal sowas von wurscht, dann macht er natürlich was er will und folgt uns bis zum Auto. Doch auch Jules Verne hörte, als er endlich seinen wirklichen Namen und das passend auftrainierte Geräusch dazu hörte: „Jules Verne LECKAAA!“ *raschel raschel. Da blieb er stehen. Schaute nochmal zu uns.. und entschied sich doch für die Leckerlies.
Gerne beobachte ich auch wie die Besitzer dem Hund unerbittlich hinterherlaufen. Das ist am lustigsten… jedes Mal frage ich mich, ob die jemals ein Buch über Hundeerziehung in der Hand hatten, denn überall steht das, was man täglich beobachtet:
rennt man dem Hund hinterher ist das die tollste Spielaufforderung!
Letztens hatte ein recht junger Labrador den Ball meines Hundes gezockt. Der Besitzer rannte seinem Hund stolze 15 Minuten über Stock und Stein hinterher, welcher dabei eine Mordsgaudi hatte!
Ich konnte richtig beobachten wie sich der Hund hinlegte und ein bisschen entspannt auf dem Ball kaute (da hätte ich es mal mit dem Abruf und weggehen versucht, um ihn zu locken), der Besitzer sah dann seine „Chance“, rannte auf ihn zu und der Hund sprang sofort auf „super, das Spiel geht weiter!“ um sich wieder jagen zu lassen. Eine weitere Spaziergängerin – ebenfalls mit Labrador – tat dem Mann dann den Gefallen den „echten Namen“ des Hundes zu benutzen… den Rest könnt ihr euch denken.
Natürlich versicherte mir der Besitzer, als er mir den komplett zugesabberten und durchgeschlonzten Ball wiedergab, dass „Anton“ das NUR mit fremden Bällen macht und sonst super hört. Jaaaaa.. bestimmt! Bei seiner Frau wahrscheinlich, die ihn an allen anderen Tagen ausführt und erzogen hat. Und ihm leider nicht verraten hat, dass Anton auch „LECKA“ heißt.
Und dann frage ich mich jedes Mal – gerade eben wieder bei Pharao: Sage ich was? Spreche ich die gestresste Besitzerin noch darauf an und gebe ihr einen kleinen Tipp oder mache ich damit ihr gesamtes Hunde-Zusammenleben-Konstrukt kaputt?
Ich kenne ja das Gefühl – als ich Pixie ganz am Anfang hatte – und sie ständig bellte und dickköpfig durch die Welt stapfte. Wie hätte ich über einen Ratschlag reagiert?
Dabei ist es doch kein Geheimnis: schon mit ein paar Schnüffelspielen, Apportiertraining mit Ball oder Dummy, wenn man mal quer durch den Wald pest, über Baumstämme hüpft oder einfach spontan auf einer Wiese lossprintet und Haken schlägt ist der Besitzer für den Hund das großartigste Wesen in seinem gesamten Kosmos!
Pixie spielt nicht wirklich mit anderen Hunden – dafür bin ich meistens da. Deshalb weicht sie nicht von meiner Seite.. es könnte ja gleich wieder was total Abgefahrenes und Tolles losgehen! Kurz mal sich gegenseitig jagen. Irgendwo Leckerlies auf einem Baumstamm verstecken. Oder ich fordere sie auf im Wald an spannenden Dingen zu schnüffeln. Alte Mauselöcher und so.
Klar.. viele „nutzen“ die Spaziergangs-Zeit um zu telefonieren und der Hund kann dann schauen wo er bleibt. Dann würde ich natürlich auch fremde Bälle klauen und mich aus dem Staub machen. Doch ich bin mir sicher, dass die meisten Hundebesitzer glücklich wären, wenn ihr Hund sie spannend finden würde. Und dafür auch wie ein verrücktes Huhn über ne Wiese rennen oder sich schmutzig machen…
Sollte ich die Frau mit Pharao noch mal sehen, werde ich sie ansprechen und ihr einen kleinen Tipp geben. Nur die Klappe halten macht die Welt ja nicht zu einem besseren Ort.
Liebe Grüße
Rebecca + Leckerlecker Pixie 😉