Wann immer ich auf meinen Reisen in fernen Ländern zu Besuch bin, habe ich mir ganz automatisch angewöhnt zu beobachten, wie die Menschen eines Landes ihre Tiere behandeln. Denn ich bin der festen Überzeugung, dass dies unglaublich viel über das Land verrät. Wenn die Menschen in Sri Lanka so arm sind, dass sie in einer Wellblechhütte wohnen und heute nicht wissen, was sie morgen für ihre Kinder kochen, dann ist ein Haustier eben so gut wie nie ein Thema. Wieso sollte man freiwillig noch ein Maul füllen?
In Peru und Ecuador liefen nur die reichen Einheimischen an den Wochenenden mit ihren Hunden die Straßen auf und ab – und diese waren dann auch immer gut gepflegte Rassehunde. Alle weiteren Hunde lebten auf der Straße und an den Stränden und schlugen sich eben so durch. Da war ein krasser Kontrast zu sehen wie ein wohlgenährter Rassehund mit seinem glänzenden Fell am Strand stolziert und dann auf einen struppigen Mischling trifft dessen Rippen gut zu erkennen waren, welcher vom Besitzer wiederum vertrieben wurde, da er sicherlich alle möglichen Parasiten mit sich rumgetragen hat.
Trotzdem suchen Hunde natürlich in jedem Land und egal welcher Rasse die Nähe des Menschen. Das ist einfach so, weil es nun einmal dieses feste Band zwischen Mensch und Hund gibt. Doch auch wenn ein Hund bei einer ecudorianischen Familie abends für die kalte Nacht in der Hütte unterkriechen darf, wird er meist nicht gefüttert sondern bedient sich eben an den Abfällen. Denn Hunde zu füttern würde für diese Familien bedeuten, dass sie sich das Futter im wahrsten Sinne des Wortes vom Mund absparen.
Hält man sich wiederum in Mexiko einen Wachhund, dann lebt dieser draußen an einer Kette und hat nur diese eine Funktion: zu wachen. Er wird nicht abends nach dem Essen bei seinen Menschen mit auf dem Sofa kuscheln, sondern er wacht. Draußen. Immer.
Wenn ich dann aus dem Urlaub immer zurück komme, ist es ein wahrer Hunde-Haltungs-Kulturschock, da wir so anders mit unseren umgehen. Und nicht nur unseren Hund als vollwertiges Familienmitglied behandeln, sondern es eben auch gerne mal übertreiben. Hunde-Leinen und Halsbänder farblich passend abgestimmt auf Frauchens Outfit? Und Mäntelchen, die eben nicht warm halten sollen, sondern schick sein sollen? Orthopädische Kissen die sich der Körperform anpassen. Tja und wenn man durch die Gänge eines der üblichen Tierladens in XXL läuft, dann sieht man einfach, wie gut es uns geht. Und unseren Hunden. Einerseits ist das schön. Andererseits sind trotzdem die Tierheime voll und die Diskrepanz zu anderen Tieren in fremden Ländern ist einfach krass. Und ich fasse mich da fest an die eigene Nase, denn ich übertreibe es auch gerne und ordentlich. Und muss dies überdenken und reduzieren.. aber dazu später mehr.
Es ist auch spannend zu sehen, wie sich fremde Orte in Jahresabständen verändern – und wie man dies wieder an den Hunden beobachten kann. Da ich über den Zeitraum von acht Jahren immer wieder auf Bali war, konnte ich an den Hunden sehr gut beobachten, wie der wachsende Tourismus auf die Bewohner Auswirkungen hat und sie offensichtlich wohlhabender macht. Und dies wirkte sich direkt auf die Hunde aus.
Je besser es den Menschen geht, desto besser geht es den Hunden. Logisch? Logisch!
Auf Bali hat sich mit den Jahren viel verändert
Wir besuchten auf Bali immer dieselben Orte und beim ersten Mal sah ich Hunde, die abgemagert und in einem herzzereißendem Zustand um ihr Leben kämpften. Ich habe direkt angefangen an BALI-Hilfsorganisationen zu spenden, da ich mich so hilflos gefühlt habe. Beim letzten Besuch kam ich aus dem Staunen dann nicht mehr heraus! Natürlich gab es noch Straßenhunde, aber diese sahen halbwegs gesund aus und keiner war wirklich mager. Die Meisten hatten sogar ein Halsband und offensichtlich ein Zuhause. Sie streunten einfach herum weil sie konnten.
Leider gibt es auf Bali nach wie vor auch wahre Massentötungen der Hunde, da manche Locals davon überzeugt sind, dass alle Hunde Tollwut haben. Und aufgrund dessen sind sie der Meinung, dass die Hunde dem Tourismus schaden und somit „weg“ müssen. Es gibt richtige „Hunde-Tötungs-Tage“ auf denen sie zu tausenden abgeschlachtet werden.
Organisationen wie BAWA (http://bawabali.com) (die Bali Animal Welfare Association) kämpfen seit Jahrzehnten dafür, die Locals aufzuklären und die Straßenhunde zu kastrieren und gegen Tollwut zu impfen, um so gegen diese schrecklichen Massentötungen vorzugehen.
Mehr darüber könnt ihr hier und hier erfahren.
Aber ich komme vom Thema ab.
Der absolute Inbegriff von „hier haben es die Hunde gut“ ist im Ausland nicht der Glanz des Hundefells, sondern dass die „Locals“ mit ihren Hunden spazieren gehen. Dass sie aktiv Zeit für die Bewegung ihres Hundes investieren. Das ist hier purer Luxus!
Denn eigentlich sind hier immer Hunde sich selber überlassen. Auch wenn sie jemandem gehören, gibt es das Konzept „Um den Hund Tag für Tag kümmern“ einfach nicht. Das ist einfach so, da die Prioriäten woanders auf der Welt eben andere sind. Verständlich.
Und deshalb passierte noch etwas auf all meinen Reisen passiert seit ich Pixie habe: Mein Verhältnis zu ihr als „mein Hund“ und dem Thema „Hundehaltung in Deutschland“ im Allgemeinen wird bei jedem Besuch in fremde Länder “ zurecht gerückt“.
Ich habe in meinem Artikel über die Hunde in Mexiko übrigens schon über ganz ähnliche Dinge nachgedacht. Diesen findet ihr hier.
Schon innerhalb von Europa beobachte ich große Unterschiede
Vor einem Monat waren mein Freund und ich für einige Wochen an der Algarve in Portugal. Wir machen hier wirklich sehr gerne Urlaub und es war das vierte Mal, dass wir mit Pixie zu Besuch waren. Wenn wir hier sind, machen wir nicht wirklich Urlaub sondern leben hier richtig. Wir gehen im Supermarkt mit den Locals einkaufen, wohnen in einem Häuschen, kochen immer selber und arbeiten auch oft von hier. Anstatt Urlaub zu machen sind es traumhafte „wie wäre es in Portugal zu leben“-Wochen.
Da wir jedes Mal im selben Haus wohnen, kenne ich die Hunde hier auch schon seit Jahren. Und mein aktueller Besuch machte mich mehr als nachdenklich. Über mich. Dass ich echt einen totalen Knall habe und es maßlos mit Pixie übertreibe. Helikopterhundemuddi ist da noch ein Kosewort!
Die Hunde leben hier – jedenfalls an der Algarve – natürlich deutlich besser als in armen Gegenden wie Indonesien oder Sri Lanka. Dennoch konzentriert sich hier keiner so auf das Wohl seines Hundes, wie wir. Die Hunde sind einfach nur da und leben „bei den Menschen“ oder haben eine wirkliche Funktion.
Ich erzähle euch das genauer an Beispielen:
Auf unserer tägliche Spazierrunde am Morgen von unserem Häuschen zum Strand treffe ich mit Pixie seit über vier Jahren einen Mix aus ihren Hundefreunden, mit denen es ein richtiges Wiedersehen gibt, wenn Pixie wieder da ist. Und natürlich auch ein paar neue Fell-Gesichter, die aber durch den täglichen Kontakt auch schnell vertraut werden. Diese Hunde unterteilen sich in „freien Hunde“ und „Grundstückhunde“.
Beispielsweise lebt ein wunderschöner Rüde die Straße herunter mit einem dickwolligen Fell in dem ein guter Schluck Shepard sein muss. Er ist ein Grundstückshund. Das heißt er lebt auf dem Grundstück seines Hauses. Immer. Seine Besitzer sind nie da. Ich habe sie dieses Weihnachten zum allerersten Mal gesehen. Zum allerersten Mal von all unseren Besuchen. Ansonsten lebt der Hund bei Wind und Wetter draußen auf seinen rund 250 qm2, ist allein und bewacht das Haus. Wenn die Nachbarn ihn täglich füttern ist dies wohl sein einziger Kontakt zu Menschen.
Keiner geht mit ihm spazieren, macht Schnüffelspielchen oder krault ihn. Das ist einfach so.
Er fand Pixie von Anfang an richtig toll und jedes Mal wenn wir vorbei laufen wird wild bei Beiden mit dem Schwanz gewedelt und sich beschnuppert. Inzwischen kraule ich ihn dann auch für einen Moment durch das gußeiserne Tor, weil er es hinter den Ohren so genießt. Und dann müssen wir leider weiter auf unserem Spaziergang und er schaut uns – auf die Mauer seines Grundstückes mit dem Vorderpfoten gestützt und durch den Zaun – lange hinterher.
In der Gegend gibt es viele dieser Grundstückhunde – manche sind fröhlich und begrüßen Pixie begeistert. Andere bellen sich die Seele aus dem Leib. Weil sie eben dazu da sind zu „verteidigen“. Auch wenn ein Shepard nicht wirklich ein Wachhund ist.
Und dann gibt es eben auch die freien Hunde, die ein Zuhause haben aber den ganzen Tag im Ort unterwegs sind. Beispielsweise begleiten uns zwei ältere Mischlinge die ein paar Häuser weiter wohnen als der Shepard für ein gutes Stück unseres Spaziergangs. Der Rüde hat ganz offensichtlich Probleme mit der Hüfte und humpelt stark. Die Hündin ist total übergewichtig und hat ein riesiges Geschwür in der Bauchgegend. Ihr Bauch ist einseitig dick wie ein Ballon. Aber die beiden sind fröhlich und haben hier ein traumhaftes Leben.
Ihre Welt reicht so weit wie sie die Pfoten tragen. Wenn Pixie und ich Vormittags zum Strand spazieren, laufen sie mindestens bis zum Ende der Straße – die durch ein kleines Tal führt – mit und manchmal folgen sie uns tatsächlich bis zum Strand. Wenn die Beiden gerade nicht mitkommen, folgt uns eben ein anderer der freien Nachbarhunde. Für sie gilt wohl von Herrchen und Frauchen das Prinzip: „Mach was du willst aber pass bitte auf dich auf!“
Beim ersten Besuch hier war es für mich echt etwas komplett Neues einen fremden Hund auf dem Spaziergang „mitzunehmen“. Einen Hund, der vor meinen Augen kopflos auf gut befahrene Straßen rennt. Und bei dem ich dann versuche mit einer Kombi aus meiner Stimme und Körpersprache ihn wieder von der Straße herunter zu bekommen. Oder gar nicht erst auf diese zu laufen. Denn natürlich fühle ich mich für diesen Hund dann verantwortlich.
Und auch wenn es nur für 45 Minuten ist.
Die Hunde hier werden auch nicht wirklich großartig erzogen. Sicher gibt es Ausnahmen… wie immer. Aber ich beobachte regelmäßig wie Herrchen und Frauchen unterwegs ihre Hunde rufen und diese eben nur dann hören, wenn sie Lust darauf haben. Ist ja auch ok.
Deshalb ist es für eine Fremde für mich natürlich noch schwieriger diesen „freien Hund“ vom Straßenselbstmord abzuhalten. Nur weil der Hund sich freut, dass er mit uns laufen kann und vor lauter Begeisterung dann eben einen Schlenker auf die Straße macht.
Ich rufe ihn dann mit hoher Stimme und bewege mich mit einladende Körperbewegungen von ihm weg um ihn zu uns zu locken. Und nutze wiederum eine ruhige, tiefe Stimme, wenn ich möchte, dass er bei uns bleibt. Dies habe ich in den letzten Wochen ganz gut perfektioniert. 😆
Bei einer Hündin gebe ich jedoch zu, dass ich von ihrem ständigen Straßengehüpfe schon so besorgt war, dass ich – ohne es zu wollen – ihr Gewicht geschätzt habe und mir überlegte ob ich sie tragen kann, wenn ihr was auf der Straße passiert. Natürlich hatte ich gleich am ersten Tag den nächsten Tierarzt gegoogelt. Nicht wirklich für Pixie. ; ) Ich habe mir zu keiner Zeit wirkliche Sorgen gemacht, dass wir einen Tierarzt für sie brauchen würden.
Und während die Hündin am Strand wild auf und ab rannte, weil sie es wohl toll fand, dass jemand sie dorthin begleitet, überlegte ich mir, wie dies in Deutschland aufgefasst werden würde. Ein Hund, der frei auf der Straße rumläuft und einen einfach begleitet. Undenkbar! 😀
In Deutschland echauffiert man sich ja schon darüber, wenn der Besitzer ein paar Meter hinter seinem Hund läuft.
Und wenn dann der fremde den eigenen Hund gerade fröhlich bedrängt der Besitzer somit nicht sofort ansprechbar ist, um seinen Hund zu rufen.
In Portugal machen die Hunde was sie wollen. Sie laufen einfach mit und schauen dich mit einem „so, jetzt bin ich mal für eine Stunde deiner!“ -Blick an. Und wenn ich dann wiederum Autos anhalten muss, damit „mein neuer Hund“ nicht überfahren wird, handle ich mir jedes Mal einen bösen Blick des Fahrers ein, weil „mein Hund“ so schlecht erzogen ist. Hahaha, ja genau!
Versteht mich nicht falsch, diese Hunde sind überhaupt nicht verwahrlost. Ein älterer Hund, den wir von all unseren Besuchen kennen, hat wohl nicht nur mehrere Verkehrsunfälle gehabt, da er von Jahr zu Jahr schwerer humpelte und neue Narben dazu bekam. Dieses Jahr ist noch ein sehr großes, offenes Geschwür am hinteren Lauf dazu gekommen und ich befürchte, dass dies unser letztes Wiedersehen war. Aber wer weiß…
Nein, hier hungern die Hunde nicht. Sie sehen alle gut ernährt aus, haben wache Augen und wirken zufrieden. Sicherlich glänzt ihr Fell nicht wirklich und es wird sich auch keiner die Mühe machen mit einem kleinen Fingerling ihre Zähne regelmäßig zu putzen. Oder ihre Krallen zu kürzen. Ihr Fell zu trimmen.
Aber seit ich hier bin, frage ich mich wirklich, ob dies für sie so tragisch ist? Natürlich ist es wirklich traurig, dass der Aussie-Mix den größten Teil seines Lebens komplett alleine verbringt.
Aber viele der weiteren Hunde haben ja ein Zuhause. Vielleicht sogar eine kleine Decke auf welcher sie ihren Kopf abends ablegen dürfen.
Und einen Napf, der gefüllt wird. Klar – mit unseren Ernährungskonzepten müssten wir den Leuten hier nicht kommen. Das würde sicherlich lautes Gelächter auslösen. BARF? ABAM (Abstauber bekommen am meisten) ? Täglich für den Hund kochen? Feinste Dose mit natürlichen Zusätzen? Hahahaha. Was??!!
Obwohl ABAM wahrscheinlich bei machen portugiesischen Hunden der Fütterung noch am nächsten kommt. Sicherlich gibt es hier auch mal Reste vom Menschentisch – aber auf keinen Fall so ausgefeilt wie bei uns. Da macht sich keiner Gedanken über Dorsch-Lebertran, Bierhefe, Grünlippmuscheln, Hanföl oder Omega-3-Fettsäuren.
In den Supermärkten gibt es vor allem große Säcke Trockenfutter und nein – ich habe nicht auf die Deklaration geschaut. Allein das Wort: Voll-Deklaration würde hier lauter Fragezeichen über den Köpfen auslösen.
Der Hund wird eben gefüttert. Fertig.
Und zu den Geschwüren, von denen ich wirklich viele hier sehe: ich denke nicht, dass die Leute ihren Hunden gegenüber gleichgültig sind. Aber wahrscheinlich können sie sich die teuren Tierarztkosten einfach nicht leisten. Hüftprobleme beobachte ich auch häufig wenn die „freien Hunde“ unterwegs vor mir hertrippeln. Dabei habe ich noch nicht mal ein orthopädisch geschultes Auge. Aber auch eine orthopädische Behandlung – geschweige denn eine Physiotherapie z.B. auf einem Wasserlaufband – ist hier natürlich total utopisch! Und irgendwie kann ich das verstehen. Vielleicht ist den Menschen gar nicht klar, dass die Hunde (wahrscheinlich) Schmerzen beim Laufen haben und sich in einer Schonhaltung bewegen.
Hunde zeigen eben nicht deutlich, was ihnen fehlt. Somit kommt das schlechte Gewissen beim Menschen wohl gar nicht auf.
Und dann überlege ich ob es für die Hunde interessant ist zu beoboachten, dass ich mit Pixie jeden Tag meine Runde laufe. Wenn sie riechen, dass ich Leckerlies bei mir trage. Vielleicht sehen sie mich als einen ganz schön seltsamen aber irgendwie doch ganz coolen Menschen (wegen der Leckerlies 🙂 ).
Ich meine, es ist nicht so, dass hier keiner Spazieren geht. Klar sehe ich auch Portugiesen mit ihren Hunden. Vor allem in der Früh drehen sie eine kurze Runde. Einmal pullern und poopen und fertig. Diese Runden sind jedoch überhaupt nicht mit den Spazier-Ausflügen und -Aufwänden vergleichbar, die wir alle betreiben. 10 Minuten müssen reichen. Dann wieder ab in den Garten oder eben „mach was du willst“.
Dennoch frage ich mich und euch: „Fehlt diesen Hunden etwas?“ Geht es ihnen schlechter als unseren? Ich weiß es echt nicht. Was meint ihr?
Denn ganz ehrlich: die Algarve ist ein fantastischer Ort für Hunde. Wenn die Gefahr der Autos nicht da wäre – wäre dies ein Paradies. Die Weite, Nationalparks mit kilometerlangen Schnüffelmöglichkeiten ohne Straßen, langgezogene Strände und für die „freien Hunde“ Hunde keine Zäune. Ja und das Allerwichtigste: das Wetter! Das Klima ist so wunderbar. Selbst im Dezember scheint die Sonne so gut wie jeden Tag. Ich wünschte ich dürfte hierbleiben und könnte komplett von hier arbeiten.
Denn hier spielt sich ganz automatisch alles draußen ab.
Der Tag startet morgens früh (ich würde in Hamburg niemals freiwillig früh aufstehen, aber hier liebe ich es die Sonne zu begrüßen! Wobei: die ist in Hamburg ja auch nie da! Was soll ich da schon begrüßen? : P ) mit unserem Kaffee im Garten, dann laufe ich meine Strand-Runde und danach sitzen wir wieder im Garten, machen Sport, lesen, reden oder fahren an den Strand. Und gehen erst wieder rein wenn die Sonne untergeht. Ich glaube, dass genau dies Pixie auch so unglaublich glücklich macht!
Sie hat hier einen komplett anderen Rhythmus: In Hamburg sind wir nur auf den drei Spaziergängen draußen. Und hier ist gefühlt das Leben ein einziger Spaziergang! Wir sind immer alle drei zusammen. Sie hat durch das Grundstück viel Platz und entscheidet selber wann sie im Garten rumläuft, sich im Gras wälzt, ihr Revier abschnüffelt oder in der Sonne döst.
Und genauso machen das natürlich alle anderen Hunde, die nicht nur auf ihr Grundstück beschränkt sind. Wenn die „freien Hunde“ uns aus freien Stücken zum Strand begleiten und ich sie danach dann wieder an ihrem Garten „abgebe“, begrüßen sie uns meist mit einem entspannten Spielgesicht – „Das Leben ist ein Abenteuer“ scheinen ihre strahlenden Augen zu sagen.
Da sehe ich in Deutschland an den Flexi-Leinen in unserer Nachbarschaft deutlich unglücklichere Kandidaten. Sie sind sicher super versorgt. Feinstes Fressi und so. Aber das ist eben nicht alles.
Und während wir unsere Wochen mit den Algarve-Hunden teilen dürfen ist mir wirkliches eine Menge klar geworden.
1. „Quality time“ anstatt Konsum.
Ich übertreibe echt Vieles. Pixies Futter ist tollitoll. Sie hat zwei Wintermäntel, Regenmäntel und Bademäntel. (Ja klar, wenn der eine dreckig ist und gewaschen wird, kann sie den anderen tragen. Macht irgendwie Sinn. Dennoch…) Ich habe über die Jahre ungelogen acht oder zehn Geschirre bestellt und getestet, bis ich das eine gefunden habe, welches so superduper sitzt, dass es Pixie nirgendwo nicht in ihrer Bewegung einschränkt. Klar ist das sinnvoll. Aber dennoch ganz schön bekloppt. Leckerlies sind selber gedörrt. Ach und ich habe so einen Knall was neues Spielzeug kaufen betrifft. Und allgemein „Hundekram“ shoppen. Eieieiei… Braucht sie das alles wirklich? Kann ich mit einem überzeugtem „Neeeee“ beantworten. Da ist echt viel Kompensation im Spiel. Und beklopptes Hundetussi-Gehabe.
Also ich drehe jetzt nicht durch, nehme Pixie ihr Halsband ab und lasse sie frei in Hamburg rumrennen. Keine Sorge! 😆
Und natürlich ist es total ok den eigenen Hund zu bepuscheln und lustige Hundesachen zu kaufen. Doch wie bei so gut wie allen Dingen ist es die Balance. Und das einem klar ist, dass man diese Sachen primär für sich tut.
Pixie ist definitiv glücklicher damit, wenn wir mehr Zeit miteinander verbringen. Und damit meine ich nicht „ich bin im Büro und sie liegt im Körbchen unter dem Schreibtisch“ sondern wirkliche „Zusammen-Zeit“. Oder „Quality time“ wie es so schön neudeutsch heißt.
Einfach sich mit ihr mal schön auf dem Teppich wild raufen und um ihre Hundedecke zu kloppen. Da hat sie hundert Mal mehr davon als wenn ihre Pfoten mit der feinsten Creme gepflegt sind. Fancy Halsbänder und schickste Leinen sind unseren Hunden ja auch sowas von komplett wurscht. Und ein Körbchen in der Wohnung ist auch genug. Sie kann ja nur in einem zur Zeit liegen.
Lieber gemeinsam kuscheln und sie für zehn Minuten hinter den Ohren kraulen. Und in diesem Moment nichts anderes tun. Lieber einen Spaziergang dorthin, wo wir noch nie waren und gemeinsam Neues entdecken. Und wenn es nicht mal wieder Hamburger Schietwetter ist, sich dort sogar mal auf eine Bank oder Wiese setzen und einfach „gemeinsam sein“.
Und nein, damit meine ich nicht die grundlegende Pflege und Gesundheit zu vernachlässigen. Es geht ja hier gar nicht um nur schwarz oder weiß Denken. Sondern die Grauzonen, die wir genießen sollten. Natürlich sollten Pixies Krallen nicht so lang sein, dass das Risiko besteht, dass sie sich eine rausreißt.
Aber ich werde mir jetzt echt mal mehr auf die Finger schauen und darauf achten, wann und wie ich es übertreibe. Und mehr Energie in „Hundezeit“ investieren. Also in tatsächliche „Pixiezeit“. Und dabei aktiv darauf zu achten und vor allem zu unterscheiden, was Pixie glücklich macht und was mich. 😉
Im Dezember habe ich damit übrigens schon angefangen indem ich all den Kram durchgeschaut habe, der sich über die Jahre so angesammelt habe: Spielzeuge, Futterproben, Hundemäntel, die nicht mehr passen oder durch bessere ersetzt wurden und und und. Und durch den Blog wird mir ja auch hier und da mal eine Probe oder ein Testprodukt zugeschickt, welche ich nicht direkt nutze. Drei Tüten habe ich voll bekommen und an unser benachbartes Tierheim verschenkt. Die haben sich gefreut und ich mich mit, da ich das alles nicht wirklich brauche und Pixie sowieso nicht.
2. Mehr echtes „Hund-sein“.
Und noch etwas ist mir klar geworden: Pixie sollte nach dem Beispiel der „freien Hunde“ der Algarve noch mehr „Hund sein dürfen“. Das ist jedoch gar nicht so einfach in einer Großstadt wie Hamburg. So gut wie überall herrscht Leinenzwang. Die Grünflächen in der Stadt sind oft mickrig. Lustiger Freilauft ist da nix. Ja in Hamburg gibt es wirklich unfassbar viele Verbote in denen das Wort „Hund“ vorkommt. Hier wird es dem „freien Hund“ doch schon schwieriger gemacht.
Aber auf den zweiten Blick habe ich doch ein paar Ideen. Auch an der Leine kann ich Pixie immer mal wieder solange Schnüffeln lassen, wie sie will. Das mache ich tatsächlich immer mal gerne auf unseren Nachmittagsrunde, wenn wir bei uns durch die Nachbarschaft laufen und Pixie dort „die lokale Hundezeitung liest“. Dabei lasse ich mir dann bewusst Zeit für sie und gebe ihr die Möglichkeit alle spannende Stellen komplett fertig abzuschnüffeln, sich in Ruhe überlegen, wie sie die Hunde-Message kommentiert. Und ob sie den Kommentar mit dem „linken oder rechten Bein hoch“ pinkelt. Das braucht alles seine Zeit! : )
Und wenn wir dann einmal rausfahren und Pixie fröhlich ohne Leine laufen darf, werde ich sie einfach mal mehr entscheiden lassen, wo sie hinlaufen will. Nach ihren Hundekriterien überlegen wo es spannender für sie aussieht. Oder besser riecht. Mh, wenn ich es mir so recht überlege ist es wirklich gar nicht schwer ein bisschen „freie Hunde“-Gefühl hier aufkommen zu lassen.
3. Zurück zu der klaren Kommunikation
Nachdem ich mit den „freien Hunden“ ja im wahrsten Sinne mit Händen und Füßen kommuniziert habe, habe ich unterwegs auch das Thema meiner Hundekommunikation überdacht. Ich achte wirklich schon auf Vieles. Dass ich nur einen Befehl für eine Sache gebe. Und nicht „hierher“, „kommst du hierher“, „Jetzt aber schnell“, „Hopphopphopp“ sage. Oft geben wir unseren Hunden wirklich – ohne dass es uns direkt klar wird – so viele verdrehte Signale, dass ich selber auch nicht kommen und erstmal abwarten würde, bis der verwirrte Mensch wirklich weiß, was er will. ; )
Vieles beachte ich schon, aber da ist trotzdem immer noch Luft nach oben. Eindeutig kommunizieren. Nicht viel rumsabbeln sondern klare Signale setzen. Und ich möchte mehr auf die bewusste Nutzung meiner Stimme in Kombination mit meiner Körpersprache achten.
Mehr darüber findet ihr übrigens in diesem Artikel über die bewusste Nutzung der Stimme und diesen Artikel über den reflektierten Einsatz der Körpersprache.
Die Vorsätze sind ein ganz guter Ansatz fürs neue Jahr. Findet ihr nicht auch?
Und ich recherchiere aktuell ebenfalls nach Hilfsorganisationen in unseren Urlaubsgegenden, die ich unterstützen kann. Um auch dort einen Unterschied machen zu können.
Beobachtet ihr ähnliche Dinge in euren Urlauben und wie denkt ihr über die Fürsorglichkeit in Deutschland im Vergleich? Schreibt all das gern in die Kommentare und auch die Organisationen, die ihr unterstützt. Ich bin gespannt auf eure Meinung!
Liebe Grüße
Die echt bekloppte Hundetussi Rebecca und die Prinzessin auf der Erbse Pixie
Toller Artikel, Rebecca. Leider denken wenige Leute darüber nach. Aber du hast recht, es ist wahr, wenn es den Menschen einigermaßen gut geht, geht es auch ihren Tieren gut. Demnach sollte es den Tieren in Deutschland ja hervorragend gehen… Doch davon bin ich nicht immer überzeugt. Wir leben hier auf Sardinien, haben ein riesiges Grundstück auf dem Land und 3 einheimische Hunde. Ich sehe, wie die hiesigen Hunde gehalten werden, und immer wieder hören wir, unsere Hunde hätten das große Los gezogen…Spaziergänge am Meer, abends mit auf die Couch usw., unvorstellbar für die meisten Leute, das mit ihren Hunden zu… Weiterlesen »
Ja die Algarve ist schon ein wunderschöner Fleck Erde. Leider ist die Leishmaniose dort unten weit verbreitet. Da ich auch in Zukunft eine Reise mit Hund nach Portugal plane wollte ich wissen wie du Pixie gegen eine Infektion mit Leishmanien geschützt hast?
Liebe Annett, da die Sandmücken, welche die Leishmaniose übertragen nachtaktiv sind und eine Stunde vor Sonnenuntergang und eine Stunde nach Sonnenaufgang aktiv sind, sind wir einfach früher reingegangen. Zudem fliegen die Sandmücken ihr Opfer nur an wenn es schläft, da sie 2-5 Minuten zum Blutsaugen benötigen. Anders als die bekannten Mücken aus Deutschland. Da Pixie also zu der Zeit nicht draußen schläft und wir sonst ein Mückennetz über dem Bett haben ist Leishmaniose kein Thema. Es ist echt krass wie groß die Panikmache auch von vielen Tierärzten geschürt wird. Man muss sich eben richtig informieren und dann ist es alles… Weiterlesen »
Hallo Rebecca und Pixie, ich finde Du triffst den Kern der Zeit mit deinem Artikel. Zu den ganzen Konsumsachen für unsere Hunde ist der Alltagstrott unser größter Gegner. Ich liebe diese Auszeiten die ich mir nehme mit Bisco & Ela und bin versucht ein Gleichgewicht zu halten (was gerade bei schönen Hundeartikeln im Laden echt schwer ist). Und doch halte ich des Öfteren inne und frage mich ob ich alles richtig mache. Diese Qualitiy Time ist in unserer Familie ein großes Thema und unsere Tochter ist bereits 11 Jahre. Wieviel Zeit will sie mit uns noch wirklich verbringen? Also setzen… Weiterlesen »