Das Ammenmärchen, dass Hunde nur schwarz weiß sehen können hält sich bis heute hartnäckig. Das stimmt definitiv nicht! Sie können Farbe sehen, sehen viel besser als wir in der Dämmerung, sind jedoch kurzsichtig. Da fragt ihr euch jetzt wahrscheinlich: „Hääh, wie soll man denn wissen was und wie gut Hunde sehen? Sie können es uns ja nicht sagen!“
Richtig! Daher gibt es eine Menge Verhaltensstudien und Experimente von Forschern aus allen möglichen Ländern, die sich – genauso neugierig wie wir – mit diesem Thema befasst haben.
Die bekannteste Studie, die auch immer wieder zitiert wird, ist die von Jay Neitz, Timothy Geist und Gerald H. Jacobs in Kalifornien aus dem Jahr 1989. Hier findet ihr die Studie.Und hier einen Artikel, der die Studie nochmals genauer erklärt. Ist etwas „schwere Kost“ da sehr wissenschaftlich und hochtrabend formuliert, aber total spannend! Doch hier erzähle ich euch natürlich das Wichtigste, was ihr aus der Studie wissen solltet.
Unsere Hunde sehen bunt!
Die drei Forscher Neitz, Geist und Jacobs fanden heraus, dass Hunde tatsächlich Farben in etwa so sehen wie ein rotgrün-farbenblinder Mensch. Das ist doch schon mal etwas, was man sich ganz gut vorstellen kann!
Hunde und ihre Verwandten sehen im Spektralbereich von Gelb über Grün und Blau. Das heißt, rote Dinge sehen sie als gelb. Und andere Farben, die nicht in ihrem Spektralbereich sind, sehen sie als grau.
Zusätzlich nehmen sie Dinge, sie sich bewegen viel besser wahr als Dinge, die sich still verhalten. Klar, als Jäger und Beutegreifer ist das ja superwichtig! Aber das führen wir gleich noch detaillierter aus.
Zum Thema „Farben sehen“ sagt Forscher Neitz:
„Tatsächlich können Hunde die Farben Rot und Grün schlecht unterscheiden.“ Rotes sieht für sie gelb aus, Grünes ebenso. Wenn ihr also eurem Hund einen roten Ball auf eine grüne Wiese werft, sieht er einen gelben Ball inmitten von gelben Gras. 😛 Daher wäre es sinnvoller ein blaues Spielzeuge zu werfen, da Blau von Hunden besser zu unterscheiden und sehen ist. Hunde haben einen sehr ausgeprägten Sinn für Blautöne. Und der Grund dafür liegt wie so oft in ihrer Vergangenheit: Für einen Jäger, der in der Zeit zwischen Dämmerung und Nacht sowie kurz vor Sonnenaufgang auf der Pirsch ist, ist es wichtig, dass er Blautöne unterscheiden kann. Denn das vom Himmel reflektierte Licht hat wegen der fehlenden Sonneneinstrahlung einen viel höheren Blauanteil. Und nur wenn Hunde Blautöne gut unterscheiden heben sich für sie die Umrisse von Beutetieren gut ab und sie können ihre Bewegung sofort sehen.
Wie ist das möglich? Dafür hat die Natur etwas wirklich Großartiges erfunden: Unsere Hunde haben eine lichtreflektierende Schicht an der Rückwand ihres Augen. Diese heißt auf Lateinisch „Tapetum lucidum“ – also ein „leuchtender Teppich“.
Dieser ist dafür verantwortlich, dass die Augen von Hunden – aber auch Katzen und vielen anderen Tieren – im Dunkeln leuchten, wenn man sie anstrahlt. Denn der „leuchtende Teppich“ wirft das durch die Netzhaut einfallende Licht direkt zurück und kann es auf diese Weise doppelt nutzen!
Wie ist das Hundeauge aufgebaut?
Wenn man sich den Aufbau des Hundeauges genauer anschaut, gleicht dieser tatsächlich unserem. Das Auge wird umfasst von dem oberen und unteren Augenlid sowie der Nickhaut, welche im unteren Augenlid liegt und sich beim Schlafen wie eine Schutzbrille über die Hornhaut legt. Die Nickhaut ist bei uns Menschen verkümmert aber überraschenderweise wirklich vorhanden:
Auch der Mensch verfügt über die Nickhaut; allerdings nur noch als kleinen Bindegewebsrest, der beim Blick in den Spiegel im nasenseitigen Augenwinkel zu erkennen ist.
„Die Nickhaut ist beim Menschen und den meisten anderen Primaten ein rudimentäres Gebilde“, weiß der Philosoph und Biologe Franz M. Wuketits. „Bei Vögeln und ans Wasser gebundenen Säugetieren dient sie als Schutzbrille vor der Hornhaut“; darüber hinaus, vergleichbar mit einem Scheibenwischer, der Entfernung von Fremdkörpern im Auge. (Quelle)
Und wirklich: wenn ihr in den Spiegel schaut, seht ihr wirklich eine Nickhaut. Ist mir vorher nie aufgefallen, dass dieser Teil meines Auges genau dasselbe sein soll, wie die Nickhaut von Pixie!
Umgeben wird das Hunde-Sehorgan von der weißen Lederhaut. An der Vorderseite geht diese Lederhaut in die transparente Hornhaut (Lateinisch: Cornea) über. Dahinter liegt die Regenbogenhaut (Iris) mit der Pupille. Die Netzhaut (Retina) enthält die für Licht empfindlichen Sehzellen. Etwas höher liegt der Gelbe Fleck (Macula lutea), die Stelle des schärfsten Sehens unseres Hundes.
Die Unterschiede zum menschlichen Auge beginnen im Augenhintergrund: In der aus zehn Schichten bestehenden Netzhaut sitzt nicht nur ein sehr feines Geflecht aus Nervengewebe, sondern dort befinden sich auch zwei verschiedene Arten von Lichtempfängern: Zapfen und Stäbchen.
Stäbchen vermitteln Hell-Dunkel-Eindrücke und sind sehr lichtempfindlich. Die Zapfen sind für das Sehen bei mittleren bis hellen Lichtverhältnissen sowie Farbensehen da. Und unterschiedliche Zapfen sind für die Grundfarben Rot, Grün und Blau empfänglich. Aus dieser Vielfalt an Zapfen berechnen Auge und Gehirn unser reiches Spektrum von Farben. Wir können dank dieser Zapfen ca. 200 Farbtöne unterscheiden. Die Netzhaut unserer Hunde wiederum weist besonders viele Stäbchen auf. Wieso das genau so ist, erzähle ich euch jetzt genauer:
Hunde sind kurzsichtig
Es gibt einen guten Grund, wieso ein Beutetier wie das Rehe beim Anblick eines Hundes/Wolfes wie angewurzelt stehen bleiben. Sie haben gelernt, dass sie dieses Verhalten retten kann. Denn es wirklich ihre allerbeste Chance, dass sie vom Hund/Wolf nicht gesehen werden. Denn diese sehen bewegte Dinge einfach viel viel viel besser als still stehende. Man kann es sogar soweit treiben, dass Hunde still stehendes fast gar nicht erkennen.
Wenn wir uns vor unserem Hund verstecken und uns nicht bewegen, ist es sehr gut möglich, dass er uns rein visuell nicht findet. Aber er kann ja seine Nase anwerfen und dann ist es wiederum sehr wahrscheinlich, dass die Nase „uns sieht“. 😉
Was ist die Ursache für dieses gute „Bewegungssehen“? Unsere Hunde sind tatsächlich kurzsichtig. Wenn ein Objekt still steht, kann er es in einer Entfernung von mehr als sechs Metern nicht mehr erfassen. Wir jedoch können ca. 20 Meter weit scharf sehen.
Bewegt sich das Objekt jedoch nur ein bisschen, ist die Sache komplett anders und der Hund reagiert direkt. Das ist ja auch für einen Jäger total wichtig. Der Wolf als Vorfahre des Hundes, musste in der Dämmerung sein Beutetier auf der Flucht erkennen und verfolgen können. Läuft das Reh aus seinem Instinkt los, beginnt direkt die Hatz. Dabei kann unser Hund nicht wirklich scharf gucken, aber das braucht er ja nicht wenn er einfach nur dem bewegten Objekt folgen muss.
Wieso sehen unsere Hunde da so anders als wir? Hier kommen wir wieder zurück auf die Zapfen und Stäbchen! Bei uns Menschen ist es wichtiger, dass wir scharf sehen können. Und wie wir gerade gelernt haben, sind für das Scharfsehen die Zapfen verantwortlich, von denen wir ja wirklich unendlich viele haben. Der Punkt unseres schärfsten Sehens liegt in der sogenannten Sehgrube. Das ist eine nervenreichen, gut durchblutete und nur etwa 1,5 Millimeter tiefe Senke, in der pro Quadratmillimeter etwa 140 000 Zapfen liegen.
Auch unsere Hunde haben ein nervenreiches Gebiet, aber dieses enthält eben nur Stäbchen, welche den Hunden das Sehen bei wenig Licht ermöglichen. Das ist seine Priorität! Deshalb sehen wir etwa sechsmal schärfer als unsere Hunde. Aber in der Dämmerung unterliegen wir seiner Sehkraft total.
Das Gesichtsfeld unseres Hundes ist größer als unseres
Eine weitere Entwicklung des Jäger-Seins unserer Hunde ist das große Gesichtsfeld. Mit 240° ist es sehr groß – besonders im Vergleich zum Gesichtsfeld des Menschen welches nur eine Fläche von 180° abdeckt. Dieser Unterschied ist aber wieder absolut logisch, wenn man ihn sich genauer anschaut: Hunde müssen als Jäger ja ihre Umgebung nach Beutetieren absuchen, um auf deren Bewegung zu reagieren. Je mehr Fläche sie auf einmal sehen und scannen können, desto besser!
Doch die Hunde haben für diesen Vorteil natürlich auch wieder einen Nachteil. Die räumliche Tiefenwahrnehmung – also das Stereo oder besser 3D-Sehen – der Hunde ist nicht so gut wie bei uns. Diese Tiefenwahrnehmung wird durch die binokulare Überlappung – den Bereich des Sehfeldes welches von beiden Augen eingesehen wird – ermöglicht. Dieser Bereich ist beim Hund mit 30 – 60° deutlich geringer als der des Menschen mit 120°.
Können Hunde Fernsehen gucken?
Da man mit Pixie im selben Raum keine Tier-Dokumentationen und schon gar keine Hunde-Sendungen schauen kann, bin ich mir ziemlich sicher, dass Hunde fernsehen gucken. Aber da ich mich jetzt zum Thema „Wie sehen Hunde“ so schlau gemacht habe wollte ich das „Fernseh-Thema“ natürlich noch mal genauer untersuchen.
Und ich habe Stanley Coren gefunden, der nicht nur eine Menge Hundebücher geschrieben hat, sondern auch Professor sowie Hundeforscher an der Universität von British Columbia ist.
Er hat sich das Thema „Können Hunde fernsehen“ genauer angeschaut (hier kommt ihr zu einem Artikel darüber) und ich habe viel von ihm gelernt: Die Entwicklung des HD-Fernsehers macht es tatsächlich möglich, dass unsere Hunde auf dem Fernseher Bewegtbild erkennen können! Ältere Fernseher haben eine zu niedrige Bildfrequenz, sodass Hunde nur eine Serie von Flackerbildern wahr nehmen können.
Dies ist sicherlich weder interessant noch angenehm für sie zu sehen. Aber die neuen HD-TVs haben eine Bildfrequenz ab 75 Hertz bis zu 120 oder 240 Hz. Das heißt: jede Sekunde erscheinen 75 (oder mehr) Bilder, so dass sich ein flüssiges Bild für uns und eben auch die Hundeaugen ergibt.
Zusätzlich gibt es eine Studie – welche 2013 im „Animal Cognition“-Journal veröffentlicht wurde – welche beweist, dass Hunde sehr wohl Bilder von Hunden, Menschen und anderen Tieren erkennen können.
Wir haben ja zudem gelernt, dass unsere Hunde natürlich nicht die bunten Farben des HD-TVs sehen können. Müssen sie ja nicht, da sie sicherlich besonders den Bewegungen folgen und ja ein paar Farben des Fernsehers erkennen und unterscheiden.
Dennoch weiß ich jetzt ganz sicher, dass Pixie andere Hunde und Tiere im Fernseher anbellt, da sie sie wirklich erkennt und wahr nimmt. Ich weiß aber auch von anderen Hunden, die sich null für Fernseh-Bilder interessieren. Das ist eben bei jedem anders. 😉
Es gibt ja auch diesen verrückten Hundesender speziell für Hunde namens DogTV (den die meisten in Deutschland per Kabelfernsehen empfangen können) der den ganzen Tag „Hunde-Content“ sendet.
Ich habe da einmal reingelinst, konnte ihn aber nicht wirklich lange laufen lassen, da Pixie direkt bellend neben mir saß. Denn hier werden nicht entspannende Filmchen von Wald- und Wiesen-Stimmungen gesendet. Damit hätte ich jetzt gerechnet. Sondern man konnte andere Hunde spielen und rumlaufen sehen. Süße kleine Welpen, die sich um ein Spielzeug gekabbelt haben. Für mich natürlich total „glücklich machend“ aber diese Masse an Hunden ging für Pixie natürlich überhaupt nicht!
„WaWaWa! Wie kommen die fremden Hunde in unsere Wohnung? WaWaWa! Wer hat die reingelassen? Waaah!“
Sie hat sogar hinter den Fernseher geschaut, um zu gucken ob sie da diese Hunde „drin stecken“ und sie diese erwischen kann. Sie ist wirklich verrückt. 😆
Der Sender wurde aber zusammen mit Hunde-Verhaltensforschern und Tierärzten entwickelt. Also irgendwie funktioniert er wohl für manche Hunde, die Zuhause alleine sind und sich so „beschäftigen“ sollen. In den USA ist es ja mehr üblich als bei uns, dass Hunde den Großteil des Tages alleine sind. Daher kommt der Sender natürlich auch aus den USA. Davon kann man halten was man will, aber DogTV ist definitiv nichts für meinen „reizoffenen“ Terrier. 😀
Können wir mit diesem neuen Wissen unseren Hunden „helfen“?
Jetzt wo wir wissen, dass unsere Hunde Blau sehr gut unterscheiden, primär auf Bewegung reagieren, Rot für sie Gelb ist und Grün genauso, können wir sicherlich nicht nur Rücksicht darauf nehmen. Sondern auch vielleicht unser Kaufverhalten ändern.
Solltet ihr mit eurem Hund Agility machen, könnt ihr euch jetzt klar machen, dass euer Hund die rot markierten Kontaktzonen definitiv nicht als rot sieht, sondern auf einer Wiese eher als gelbe Markierung auf gelbem Untergrund. Genau dasselbe gilt für einen roten Tunnel. Sollte dieser auf einer Wiese mehr als sechs Meter von ihnen entfernt still und starr stehen – und Tunnel bewegen sich ja nun einmal nicht 😉 – dann kann es gut sein, dass euer Hund diesen erst richtig erkennt, wenn er unmittelbar davor steht.
Ja und beim nächsten Einkauf tut ihr eurem Hund natürlich einen großen Gefallen, wenn ihr zu blauem Spielzeug greift. Klar ist für uns ein roter Ball auf der grünen Wiese besser zu erkennen, bevor er verloren geht. Aber einen blauen Dummy oder Ball kann euer Hund eben viel besser visuell unterscheiden.
Nun freue ich mich natürlich wie immer über euer Feedback!
Habe ich noch irgendwas vergessen? Was für ein Thema würde euch als nächstes interessieren? Schaut euer Hund auch Fernsehen oder habt ihr selber irgendwelche Dinge beobachtet, die diese wissenschaftlichen Infos unterstützen?
Schreibt all das gerne in die Kommentare!
Liebe Grüße von Rebecca und dem fast-Adlerauge-Pixie
Super, excellent recherchiert, alles nachzuvollziehen. Herzlichen Dank.
Vielen lieben Dank für die Info, man lernt nur dazu.
Toll … Danke für den Bericht..
wieder einiges gelernt ..
Schönes Wochenende
Lg Andreas
Bin gerade über deinen Artikel gestolpert. Klasse geschrieben und recherchiert ! Bin beeindruckt. 🙂
Viele Grüße,
Marcus
ich habe meiner Hündin antrainiert Spielzeuge in verschiedenen Blautönen zu holen. z.B. „hol dein lila Spielzeug, hol dein hellblaues Spielzeug, hol dein dunkelblaues Spielzeug, u.s.w. Nach einigem Ueben hat es immer geklappt. Natürlich klappte es auch wenn ich das Spielzeug benannte wie : hol den Ball, hol den Hasen, hol den Dummy. Aber es ist toll mit dem Hund in diesen Blautönen zu arbeiten. Leider ist meine Dogge mit fast 12 Jahren nun gestorben. Aber ich werde dieses spannende Arbeit-Spiel mit der nächsten Dogge weitermachen. Habe auch schon einen neuen, extra stabilen blauen Gymnastikball besorgt. Grosser Hund, grosses Spielzeug. Aber… Weiterlesen »
Super interessanter Artikel und wirklich gut geschrieben (vor allem auch so, dass ich ihn verstehe :D). Ich habe mich auch schon oft gefragt, wie viele Farben mein Carlos wirklich sehen kann. Und bei dem Dog-TV hat er übrigens genauso reagiert wie deine Pixie 😀 Manchmal sind sie schon verrückt, aber das macht sie ja gerade so liebenswert!
Danke für den super Beitrag und ich wünsche dir noch eine schöne Woche 🙂
Liebe Grüße,
Lisa
Super interessant und lehrreich. Vielen Dank dafür!
Mega spannender Artikel, danke! – Unsere Hunde reagieren, wenn im TV andere Hunde spielen oder bellen. – Das junge Kätzchen meiner Tochter springt auf das Tablar des TV’s und versucht auf den Hinterbeinen stehend, bei Handballmatchs mitzuspielen … Sieht sehr lustig aus!
Hi,
der Bericht über das Sehen des Hundes ist ja definitiv Buch reif! Absolut klasse. Kurzweilig, informativ und unterhaltsam. Bei meiner ganz eigenen Bewertung:
Von 5 möglichen Pfötchen – 5 Pfötchen!
FG Christina van Well mit Zorro und Rocky
Hallo Christina, bist du früher zur Rheinischen Landesschule für Sehbehinderte gegangen?
Wir haben Klassentreffen am 1.5.2019.
Wenn du Interesse hast (und diejenige bist), dann melde dich doch bitte für weitere Info.
LG Monika