In diesem Artikel erzählt dir meine Gastbloggerin Kathrin Bormann – welche als Hundephysiotherapeutin und Osteopathin arbeitet – alles darüber was Osteopathie für eine Form der Therapie ist und wie sie deinem Hund helfen kann.
Auch mögliche Symptome, welche dein Hund bei Problemen zeigt, die vorallem die Osteopathie sehr gut behandeln kann, wirst du in diesem Artikel finden. Viel Spaß beim Lesen!
Keine Lust viel zu Lesen? Hier kannst du direkt zu den Symptomen und zum Fazit des Artikels springen
Osteopathie wird immer mehr ein wichtiges Thema bei erkrankten Hunden und wird von immer mehr Hundebesitzern als primäre Therapieform bei Hunde-Erkrankungen, besonders des Knochen- und Gelenk-Apparates, gesehen und genutzt. Aber die Osteopathie kann noch weitaus mehr.
Deshalb möchte ich euch hier erzählen, woher die Osteopathie kommt und was für eine Therapieform sie genau ist.
Wie kam es zur Osteopathie?
Das Wort Osteopathie kommt aus dem Griechischen: Osteon = Knochen und Pathos = Leiden. Man kann Osteopathie jedoch nicht einfach stur mit „Knochenleiden“ übersetzen, denn sie hat eine viel tiefgründigere Bedeutung. Der Begründer der Osteopathie, Dr. Andrew Taylor Still, stellte diese neue Form der Medizin im Jahre 1874 vor.
Seine Namensgebung ergab sich aus dem Umstand, dass er zunächst den Bewegungsapparat als Ausgangspunkt für pathologische Leiden betrachtete und sich anfangs ausschließlich auf Funktionsstörungen im Skelett konzentrierte.
„Dort wo die Eigenbewegung im Körper gestört ist, macht sich Krankheit breit.“
Später erkannte man, dass auch andere Gewebe im Körper Blockaden verursachen können. Und hier entstand die heutige Behandlungsform der Osteopathie.
Laut A. T. Still ist der Fluß im Körper als Einheit das wichtigste Element dafür ist, dass Krankheit nicht entstehen kann.
Bei der Osteopathie handelt es sich somit um eine ganzheitliche Behandlungsform, die den Körper als eine Einheit sieht, vergleichbar mit einer Uhr: Wenn dort ein Zahnrad ausfällt, ist das gesamte System gestört.
Sie ist daher als ganzheitliche Therapie bei diversen Erkrankungen sinnvoll, nicht nur bei Krankheiten des Bewegungsapparates.
Die 3 Systeme der Osteopathie
Es gibt 3 Systeme in der Osteopathie, die untrennbar miteinander verbunden sind:
Parietale Osteopathie = Bewegungsapparat
Viszerale Osteopathie = innere Organe
Cranio Sakrale Osteopathie = Schädelplatten, Kreuzbein, Hirn- und Rückenmarkshäute
Die parietale Osteopathie entspricht der traditionellen Auffassung der Osteopathie. Sie ist die Basis aller osteopathischen Behandlungen und konzentriert sich auf die Untersuchung und Behandlung des Bewegungsapparates, also u.a. der Knochen, Bänder und Muskeln. Sie unterscheidet sich dabei deutlich von der Physiotherapie oder der Chiropraktik.
Bei der viszeralen Osteopathie steht die natürliche Mobilität (= Verschiebbarkeit der Organe gegeneinander, bei Bewegung oder Atmung) und Motilität (= Wachstumsbewegung aus der Embryonalentwicklung) der Organe und deren umgebendes Bindegewebe, sowie deren Aufhängungen und bandhaften Verbindungen untereinander im Vordergrund.
Die Cranio Sakrale Osteopathie beschäftigt sich mit den Schädelknochen, den Hirn- und Rückenmarkshäuten und dem Kreuzbein, denn auch hier können Läsionen auftreten.
„Osteopathie mobilisiert die Kräfte zur Selbstheilung deines Hundes.“
Eine Theorie der Osteopathie besagt: Dort, wo die Eigenbewegung eines Organs oder Körpersystems gestört ist (Blockade, Spannungsdifferenzen), macht sich Krankheit breit
Dies bezieht sich nicht nur auf den Bewegungsapparat, sondern auch auf innere Organe, Blutgefäße, sämtliche Stoffwechselvorgänge und das Nervensystem.
Dabei wird jeder Patient individuell gesehen und behandelt.
Das Ziel der Osteopathie ist es jedoch nicht, ein schulmedizinisches Symptom zu beheben oder stur ein Röntgenbild zu behandeln, sondern die Regulationsmechanismen anzuregen.
Das bedeutet, dass der Körper seine Selbstheilungskräfte mobilisiert und das Tier automatisch ein für sich gesundes Gleichgewicht findet.
Heilen bedeutet hier also nicht „einfach nur die Symptome zu beheben“.
Sondern es geht darüber hinaus: der Hundekörper soll zurück in seine Balance finden. Deshalb sieht die Osteopathie den Körper als ganzheitliches System.
Was hat die Osteopathie mit Faszien zu tun?
Bei einer osteopathischen Behandlung wird durch sehr sanften Druck und minimale Bewegungen Einfluß auf veränderte Spannungsverhältnisse und Ungleichgewichte im Körper genommen.
Daher ist diese Form der Therapie auch sehr gut für ängstliche und unsichere Tiere geeignet.
Ich arbeite dabei vor allem über das Fasziensystem, also das Bindegewebe.
Faszien sind ein bindegewebiges Netzwerk, welches den gesamten Körper durchdringt und umhüllt (z. B. als Unterhaut-Faszie).
Bänder und Sehnen werden ebenfalls dazu gezählt.
Weiterhin umhüllen Faszien Muskeln und innere Organe und strahlen in diese ein, umgeben die Gelenke als Gelenkkapsel und dienen überall im Körper als Puffer, sowie als Schutz vor Reibung und Verletzung.
Auch die Hirn- und Rückenmarkshäute werden in der Osteopathie zu den Faszien gezählt und lassen sich bei Fehlspannungen über Cranio Sakrale Techniken behandeln.
Es ist wichtig, dass z. B. innere Organe bei körperlicher Bewegung oder bei der Atmung problemlos und ohne Reibung aneinander vorbeigleiten können oder dass der Schädel trotz des festen Knochens eine gewisse Elastizität hat und die Schädelplatten nicht „verkantet“sind.
Wofür sind Faszien zuständig?
Faszien sind wichtig für den Blut- und Lymphfluss, und damit auch für ein funktionierendes Abwehrsystem, sowie den Stoffwechsel.
Wie man sieht, sind Faszien also überall im Körper vorhanden und können daher auch überall Probleme bereiten.
Sie können Fehlspannungen sehr schnell von einer Körperregion in eine völlig andere übertragen, da das Fasziensystem überall miteinander in Verbindung steht und die Faszien untereinander verwoben sind.
Beispielsweise können Probleme im Kreuzbein (Iliosacral-Gelenk) zu Kopfschmerzen oder Problemen mit der Halswirbelsäule führen und umgekehrt.
„Faszienspannungen sind auf den Bildern im Röntgen, CT oder MRT unsichtbar.“
Häufig entstehen nach Operationen Probleme, da die Faszien beschädigt wurden, verkleben, verfilzen und sich die Fehlspannungen weiter über den Körper verketten. Auch Narben, die tief im Körper liegen, z. B. bei entnommenen Organen, können große Probleme bereiten. Diese Störungen kann ein Osteopath aber aufspüren und behandeln.
Dabei kann es auch vorkommen, dass sich Verkettungen ergeben, die zunächst im Viszeralen System (= innere Organe) enstehen und sich dann über den Bewegungsapparat (= parietales System) mit Symptomen wie Rückenschmerzen oder Humpeln zeigen.
Daher sind die Ursachen für Probleme im Bewegungsapparat mitunter ganz woanders zu suchen.
Faszien sind sehr häufig der Grund für Schmerzproblematiken, für die augenscheinlich keine Ursache gefunden werden kann.
Denn man kann sie mit bildgebenden Verfahren (also Röntgen, CT oder MRT) nicht darstellen und sie finden in der Schulmedizin zumeist leider nur wenig Beachtung. Dabei ist bereits nachgewiesen, dass sie sich bei Stress aktiv zusammenziehen können.
Dieses Video erklärt sehr schön, was es mit Faszien auf sich hat.
Das bedeutet, dass Stress durchaus Verspannungen und Schmerzen verursachen kann. Auch beim Tier!
Fazit: Was für Symptome zeigt der Hund bei Fehlspannungen im Fasziensystem?
Hinweise auf ein Ungleichgewicht im Fasziensystem:
- Unklare Schmerzzustände und Lahmheiten
- Muskuläre Probleme, Verspannungen
- Bewegungseinschränkungen, Fehlstellungen
- Arthrosen, degenerative Veränderungen
- Gelenkserkrankungen,wie HD, ED oder nach Amputationen
- Spondylosen
- Blockaden
- Keil- oder Schmetterlingswirbel
- Bandscheibenvorfall
- Cauda-Equina-Kompressionssyndrom
- Neurologische Erkrankungen, Lähmungen aller Art
- Ödeme, Störungen im Lymph-System
Probleme, bei denen die Osteopathie helfen kann:
- Zur Reduzierung/beim Versagen von Schmerzmitteln
- Alte Tiere, die nicht mehr operiert werden können
- Neurologische Erkrankungen & Lähmungen aller Art
- (Unfall-) Traumata z. B. Beißereien, Stürzen, Misshandlungen
- Plötzliche Verhaltensänderungen (auch z.B. nach einem Trauma)
- Auffälligkeiten aller Art
- Probleme vor OPs oder als Reha danach
- (Operations-)Narben können Probleme bereiten
- auch tief im Körper liegende Vernarbungen durch entfernte Organe
- Nach Kastrationen, Kaiserschnitten, Schwergeburten
- Harntröpfeln, Inkontinenz, Schwierigkeiten beim Bein heben oder Kotabsatzprobleme
- Wenn andere manuelle Therapien an ihre Grenzen stoßen
- Schulmedizinisch austherapierte Tiere
- ständiges (Pfoten-)Knabbern ohne parasitäre Auslöser
- Husten oder Atemschwierigkeiten
- Schwierigkeiten bei der Nahrungsaufnahme
- Verdauungsbeschwerden
- Verrichten des großen Geschäftes in Etappen
Diese Liste ließe sich noch lange fortsetzen, da sich fasziale Veränderungen auf sehr vielfältige Weise im und am Körper zeigen können.
Hinweise auf Störungen im Cranio-Sakralen System können sein:
- Alle Auffälligkeiten, den Schädel betreffend
- Nach Kopfverletzungen / OPs am Schädel
- Asymmetrisch erscheinendes Gesicht / Schädel / Augen / Ohren
- Wiederkehrende Probleme von Augen- und/oder Ohren ohne schulmedizinisch feststellbare Ursache
- Probleme in Rücken, Kreuzbein, Iliosacralgelenk, Halswirbelsäule
- Erkrankungen wie Schlaganfall, Vestibular-Syndrom, Wasserkopf (Hydrocephalus)
Wird die eigentliche Störung behoben und die Eigenbeweglichkeit der Gewebestrukturen wiederhergestellt, so lösen sich auch die Kompensationen deines Hundes (wie z.B. eine Schonhaltung) auf.
Ein Beispiel für Fehlspannungen in den Faszien:
Ist der Rücken deines Hundes berührungsempfindlich oder aufgewölbt durch (bisher unerkannte) Probleme oder Fehlspannungen im Verdauungstrakt, ist das eigentliche Problem nicht die Wirbelsäule, wie oft fälschlich angenommen wird.
Mit Massagen oder Einrenken sind diese Probleme deshalb bei diesem Beispiel nicht zu lösen.
Das heißt, wird der Rücken durch Massagen oder Einrenken behandelt, sind die Beschwerden zumeist recht zeitnah wieder präsent, da das eigentliche Problem ja ganz woanders liegt.
Der Hundehalter bleibt so ratlos zurück und das Tier hat weiterhin Probleme oder gar Schmerzen.
Und solange die wirkliche Ursache – in diesem Fall das Problem im Verdauungstrakt – nicht behoben wird, kommen die Rückenprobleme immer wieder.
Im schlimmsten Fall breiten sich die Spannungen weiter über den Körper aus. Werden aber die Störungen im Magen-Darm-Bereich erfolgreich aufgespürt und behoben, wird sich auch die Problematik des Rückens bessern.
Leider hatte ich schon viele Patienten in meiner Praxis, deren kompletter Körper in einer so extremen Spannung war, dass ich zuerst gar nicht herausfinden konnte, wo überhaupt der Ursprung des Problems liegt.
In solchen Fällen kann es ein bißchen dauern, und man „pellt“ die Probleme häufig wie bei einer Zwiebel Schicht für Schicht ab, bis man dem ursprünglichen Anfangsproblem auf die Spur kommt.
In der Physiotherapie stößt man hier daher häufig an seine Grenzen.
Die Osteopathie hingegen bietet hier großes Potential.
Wie genau erzähle ich euch in meinem nächsten Artikel als Fortsetzung. 🙂
Was macht die Osteopathie so besonders?
Die Osteopathie hilft deinem Hund nicht nur bei Gelenkschmerzen und Problemen des Bewegungsapparates. Sie kann so viel mehr!
Häufig kommt es eben vor, dass die Schulmedizin keine Diagnose stellen kann und daher auch keine Lösung findet.
Dies ist vorallem dann der Fall, wenn der Ursprung eines Problems ganz woanders liegt und sich z. B. in Rückenproblemen zeigt, die eigentlich von den Organen herrühren oder in Humpeln, welches durch eine OP-Narbe verursacht wird.
Wir Osteopathen haben eben gelernt, ganz anders auf körperliche Probleme zu schauen. 🙂
Denn der Körper sollte immer ganzheitlich betrachtet werden: Alles hängt mit allem zusammen und beeinflusst sich gegenseitig!
Es wäre daher wirklich fantastisch, wenn mehr Tierärzte mit Osteopathen Hand in Hand arbeiten würden, denn ich finde sehr häufig Störungen oder Hinweise auf Erkrankungen, die bislang noch nicht bekannt waren.
So kann ich den Patienten dann zum Tierarzt zur weiteren Diagnostik schicken, z. B. Blutabnahme, Röntgen oder Ultraschall etc. So ist der Patient bestens betreut von allen Seiten und man ergänzt sich wunderbar. Und es wäre schön, wenn Tierärzte dies auch den Besitzern ihren felligen Patienten vermitteln würden.
„Am optimalsten ist es, wenn Tierärzte und Osteopathen Hand in Hand arbeiten.“
Für manchen Patienten ist die Osteopathie eine wahre Rettung, da sie endlich einen Hinweis auf den Ursprung des Problems geben kann.
Viele Patienten haben bereits einen langen Leidensweg hinter sich und wurden als „austherapiert“ ohne jegliche Diagnose entlassen.
Bei solch schwierigen Fällen arbeite ich häufig zusätzlich mit einer Tierheilpraktikerin eng zusammen, da zumeist viele gravierende Baustellen bestehen und dem Patienten ja möglichst schnell und bestmöglich geholfen werden soll.
Hier findet ihr mehr Artikel für eure weiterführende Lektüre
Dieses Video erklärt sehr schön, was es mit Faszien auf sich hat.
HIER noch ein anderer Beitrag zum Thema Faszien beim Zentrum der Gesundheit.
Und jetzt freuen wir uns natürlich wie immer über euer Feedback: habt ihr Erfahrungen mit der Osteopathie bei euren Hunden gemacht? Habt ihr Fragen oder möchtet eigene Erlebnisse mit uns teilen? Wir freuen uns über jeden Kommentar!
Liebe Grüße
Katrin
Kathrin Bormann ist Gastbloggerin und Autorin bei Les Wauz und als Hundephysiotherapeutin und osteopathische Therapeutin für Hunde zuständig für die Hintergründe von wichtigen Hundethemen. Sie arbeitet selbstständig im Raum Hildesheim. Mehr über Kathrin erfahrt ihr auf ihrer Webseite kranke-pfoten.de und vergesst nicht, ihre Facebook-Seite zu liken! 🙂
Super Artikel zur Osteopathie bei Hunden. Danke!