In diesem Artikel erzähle ich dir, wieso Hunde die Angewohnheit haben, sich jedes Mal ausgiebig zu strecken, wenn sie aus einer Ruhe-Situation kommen oder sie geschlafen haben. Außerdem wirst du erfahren, was dieses Verhalten bedeutet, wann dein Hund dieses Verhalten zeigt und vor allem was es für Variationen davon gibt.
Es ist tatsächlich so richtig wichtig, dass du die Unterschiede dieser Beugung kennst, denn eine ihrer Varianten ist das Anzeichen für einen möglichen Notfall (Darmverschluss, Magendrehung), der schnell tödlich enden kann. Du siehst also, dass es nicht nur spannend ist, sich mehr Hundewissen anzueignen und deinen Hund besser zu verstehen, sondern diese Infos können dir und deinem Hund wirklich weiter helfen.
Ich habe auf jeden Fall bei meiner Recherche wieder festgestellt, dass ich jeden Tag etwas Neues über Hunde lerne und davon echt nie genug kriegen kann. Ich hoffe, es geht dir genauso. Viel Spaß beim Lesen!
Guten Morgen-Yoga
Wenn unser Hund morgens aufsteht, folgt immer dasselbe Programm: Es wird ausführlich gegähnt. Er steht auf und es wird sich laaaaaange gestreckt. Erst die Vorderseite. Dann die Rückseite. Gekrönt wird das Ritual gerne von einem kompletten Körperschütteln.
Bei Pixie folgt darauf ein wacher „Ok, wir können los!“-Blick, ein leichtes Grinsen welches von kurzem Schwanzgewedel begleitet wird. Besser kann mein Tag nicht starten! 🙂
Aber warum machen Hunde dies?
Diese Streckung ist tatsächlich ein tief verwurzelter Instinkt, der von ihren Vorfahren – den Wölfen – vererbt wurde.
Wölfe strecken sich, um die Muskulatur zu aktivieren und aufzuwärmen, die Durchblutung anzuregen und vom Ruhe-Modus in einen Aktiv-Modus zu wechseln.
Denn es könnte ja jederzeit ein Beutetier oder ein Feind in der Nähe sein, auf den es zu reagieren gilt. Wenn man um sein Überleben kämpft und nicht verhungern will, dann hat eben die Evolution dafür gesorgt, dass die Wölfe, die sich gestreckt haben, immer einen Vorteil gegenüber den Anderen hatten.
In dem Buch „Hundeverhalten“ von Barbara Handelman erwähnt sie zudem, dass dieses Stretching den Körper auch entspannt. Vollkommen logisch: Denn nach der kompletten Körper-Spannung folgt natürlich wieder eine Ent-Spannung. 😉
Das Buch ist übrigens total toll, wenn ihr mehr über Hunde-Körpersprache und die Hintergründe lernen wollt. Ich habe es richtig verschlungen und schaue immer wieder rein und lerne jedes Mal dazu.
Ihr könnt es beispielsweise hier bestellen:
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- Handelman, Barbara (Autor)
Das Strecken der Hunde hat schon die Yogis inspiriert
Diejenigen, die schon einmal Yoga gemacht haben, kennen die beiden Positionen „Heraufschauender“ und „Herabschauender“ Hund natürlich. Sie sind Teil des Sonnengrußes, vom Anblick total berühmt, da jeder sofort erkennt, dass diese Person in der Position Yoga macht und beide Posen werden so gut wie in jeder Form von Yoga praktiziert.
Und die komplette Streckung des ganzen Körpers ist von den Hunden kopiert. Somit ist der Name ist kein Zufall, denn die Bewegung ist wirklich von den Hunden abgeschaut.
Beide Positionen wurden um 1930 von Swami Kuvalayananda als Übungssequenz praktiziert und an seine Schüler weitergegeben. Diese haben dann unter anderem die Gründer des Iyengar Yoga (B.K.S. Iyengar) und des Ashtanga Vinyasa Yogas (Pattabhi Jois) unterrichtet. (Quelle Wikipedia) (Quelle Yogajournal)
Und wenn wir alle morgens genau diese beiden Positionen mit so viel Genuss und Muße ein paarmal genauso wie unsere Hunde durchführen würden, dann hätte das ganz sicher einen positiven Einfluss auf unseren Tag und unser Wohlbefinden.
Da können wir einmal wieder eine Menge von unseren Hunden lernen. 😉
Was für Varianten gibt es wenn sich Hunde strecken?
Die Streckung nach vorne und unten wird auch „Vorderkörpertiefstellung“ genannt. Und diese kommt in vielen anderen Situationen in der Körpersprache unserer Hunde vor.
Mehr über die Bedeutung im Sozialverhalten der Hunde, zitiere ich in den weiteren Beschreibungen unter anderem aus dem Buch „Hundepsychologie, Sozialverhalten und Wesen“ von Doris Feddersen-Petersen.
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- Feddersen-Petersen, Dr. Dorit (Autor)
„Hello“-Stretch
Wenn ihr zum Beispiel nach Hause kommt, zeigen viele Hunde die Vorderkörpertiefstellung als Begrüßung. Dies wird von vielen Hundebesitzern fälschlicherweise als einfaches Stretching bewertet.
Aber es ist tatsächlich ein „Hey, du bist wieder da! Ich mach‘ mich kurz locker und dann komme ich zu dir!“
Wie erkennt ihr dieses besondere Strecken eures Hundes?
Die Ohren sind dabei oft zurückgeklappt, das Gesicht ist total entspannt, die Augen halb geschlossen und der Schwanz wedelt locker. (Quelle)
Dies ist ein wirkliches Kompliment, denn der Hund begrüßt dich freundlich und entspannt, mit der Erwartung, dass ihr jetzt irgendwie interagiert. Kuscheln, spielen… Hauptsache er darf kurz zu dir.
Pixie wackelt bei dieser Bewegung auch immer mit dem Hintern schnell hin und her – so wie Shakira. 😆
Spielverbeugung
Zweitens kennt ihr diese Bewegung sicher auch als typische Spielaufforderung!
Welche Merkmale hat diese Variante?
Dabei ist euer Hund im Vergleich total aktiv, sein Blick verspielt und wach, der Gesichtsausdruck weich und sein Körper wirkt locker und kann gleichzeitig aufgeladen sein, wie eine Sprungfeder. (Quelle)
Wenn du mit deinem Hund spielen möchtest, kannst du auch mal testen wie er darauf reagiert, wenn du diese Verbeugung machst. Beim ersten Mal kann es deinen Hund verwirren, dass du plötzlich „Hundisch“ sprichst, aber nach diesem Moment kann es sehr gut sein, dass er auf deine „Spiel-Einladung“ mit Begeisterung eingeht. Probier‘ es einfach mal aus!
„Prey Bow“ oder Lauern
Die Variante der Spielverbeugung ist der „Prey Bow“ übersetzt „Beute-Verbeugung“.
Wie ihr den Unterschied erkennt?
Euer Hund ist total steif – vor allem sein Schwanz deutet direkt nach oben, seine Augen sind weit offen, die Mimik wirkt „hart“ und der Blick ist konzentriert auf seine Beute gerichtet.
Oft könnt ihr das Lauern vor einem Mäuseloch beobachten.
„Diese Beugung ist bei fremden Hunden echt unhöflich.“
Aber die Beute kann auch ein anderer – meist fremder – Hund sein, der auf diese Beugung oft mit Beschwichtigungssignalen (Schlecken, zur Seite wegschauen etc.) reagiert, da ihn diese Körperstellung stresst und tatsächlich bedrohlich auf ihn wirkt.
Er kann ja überhaupt nicht erkennen, ob der fremde Hund freundlich ist oder auf Krawall gebürstet.
Denn er bewegt sich nicht und sendet vor allem keine freundlichen Signale. Zudem ist der Blick total auf ihn fokussiert.
Deshalb unterbinde ich dies bei Pixie und Archie
Wenn ich dieses Verhalten bei Pixie oder Archie beobachte, greife ich sofort ein, da ich es im wahrsten Sinne des Wortes einem fremden Hund gegenüber „unhöflich“ finde!
Das heißt, dass ich meinen Hund abrufe, ihn kurz zu mir hole, um ihn dann wieder freizugeben. Das reicht immer, um die Spannung rauszunehmen und dann neutral oder freundlich aufeinander zu treffen. Oder eben auch nicht.
Auf jeden Fall ist die Erleichterung des anderen Hundes immer richtig zu sehen, da ich für ihn die Situation geklärt habe. Das werdet ihr in Zukunft auch entdecken, wenn ihr eben genau hinschaut! 😉
Wenn ein fremder Hund so lauert, machen wir direkt einen Bogen!
Ich sehe auch oft, dass andere Hunde dieses Verhalten zeigen und dann wie eine Abrissbirne plötzlich auf Pixie und/oder Archie drauflos rennen. Die Terrier haben da überhaupt keinen Bock drauf und weichen sofort aus beziehungsweise stellen sich hinter mich.
Denn wie sollen sie wissen, dass aus dem „Prey Bow“ eine spielerische Körpersprache wird?
Seht es mal als menschliches Beispiel
Wenn jemand auf uns zukommen würde und ein komplett ernstes, wirklich eingefrorenes Gesicht macht und uns direkt in die Augen starrt, wird uns auch mulmig. Und dann hilft es nicht so wirklich, wenn er im allerletzten Moment – direkt vor uns – plötzlich lächelt. Neee, das fände ich sowas von gruselig!
Somit wäre es total toll, wenn ihr es mal ausprobieren würdet, bei eurem Hund dieses unhöfliche Verhalten zu unterbrechen. Denn es kann ja auch immer sein, dass der fremde Hund negativ darauf reagiert, dass er von deinem Hund als „Beute belauert“ wird und die Situation dann ernsthaft kippt.
Wenn ich von weitem schon beobachte, dass der Hund, der auf uns zu kommt, sich langsam runterbeugt – vielleicht sogar stehen bleibt – und auf meine Hunde glotzt, dann gehe ich sofort einen riesigen Bogen oder drehe ab.
Damit nehme ich ihm komplett die Möglichkeit uns zu belauern und das Thema ist durch.
Viele Hundebesitzer, die diese Bewegung überhaupt nicht verstehen, brüllen dann gerne mal das typische „Aber der will doch nur spielen!“. Mhh. Genau.
Deeskalation und aktive Submission
Gibt es zwischen zwei Hunden einen Konflikt oder wird das Spiel zu wild, führen Hunde diese Beugung kurz und schnell aus, um den anderen Hund zu beschwichtigen oder das Tempo aus der Situation zu nehmen. Besonders die norwegische Hundetrainerin Turid Rugaas hat diese Bewegung in den Submissions-Kontext gebracht.
Dies ist hier besonders gut beschrieben. >
In diesem Video kannst du jetzt direkt anwenden, was du bist jetzt gelernt hast.
Denn diese beiden Hunde zeigen die Submissions-Beugung, die Lauerstellung (Prey-Bow) und die Spiel-Verbeugung. Es ist sowas von interessant, dies nun mit dem neuen Wissen genau zu beobachten und unterscheiden zu können!
Gebetsstellung = Dies kann ein tödlicher Notfall sein!
Ja und leider kann die letzte Variante der Beugung Schmerzen oder einen lebensbedrohlichen Notfall anzeigen.
Denn die Gebetsstellung ist das Anzeichen welches Hunde machen, wenn sie starke Schmerzen im Magen-Darm-Bereich haben. Möglicherweise ausgelöst durch einen Darmverschluss oder eine Magendrehung.
Wenn ihr die Gebetsstellung erkennt, heißt es SOFORT zu handeln und zum Tierarzt zu fahren, denn in diesem Fall seid ihr im Wettlauf mit dem Tod. Ja, ich formuliere dies so dramatisch, weil es wirklich so ist!
Bei einer Magendrehung werden schon nach kurzer Zeit der Magen und andere lebenswichtige Organe zerstört und nur ein Tierarzt, der sich damit auskennt, kann euren Hund retten. (Quelle Infos und Bilder)
Woran erkennt ihr die Gebetsstellung und wie unterscheidet sie sich?
- dein Hund steht auf seinen Hinterläufen und hat die Vorderläufe weit nach vorne gestreckt
- der Bauchbereich ist aufgebläht und/oder komplett verhärtet – wenn du ihn abtastet reagieren viele Hunde dann mit einer Schmerzreaktion. Spätestens jetzt weißt du, dass du sofort handeln musst!
- der Hund verharrt in der Gebetsstellung für einige Zeit und läuft dann wieder unruhig hin und her, da er vor Schmerzen nicht weiß, wohin mit sich
- Seine Augen sind aufgerissen und das Weiße ist häufig erkennbar, die Ohren sind zurückgeklappt, der Schwanz hängt zwischen den Hinterbeinen
Alternativ kann die Gebetsstellung auch auf Rückenschmerzen zurück zu führen sein. Dann ist der Bauch weich und nicht auffällig gebläht, aber euer Hund verharrt dennoch länger als normal in der Beugung.
Auch dies solltet ihr unbedingt mit eurem Tierarzt abklären!
So und nun hoffe ich, dass ich dir mit meinen Beschreibungen ein bisschen helfen konnte, deinen Hund noch besser zu verstehen und seine Körpersprache einzuordnen.
Die Unterschiede sind auf den ersten Blick vielleicht klein. Aber je mehr du auf die Details achtest, desto klarer wirst du erkennen, welche Bewegung zu welcher Variation gehört. Du wirst staunen, was für kleinste Anzeichen du bei deinem Hund sehen wirst, wenn du nur oft genug dein Auge schulst.
Und nun freue ich mich wie immer auf dein Feedback! Welche der Variationen kennst du von deinem Hund? Hast du etwas Neues dazu gelernt und was fandest du besonders interessant?
Zudem fände ich es total toll, wenn ihr mir schreibt, was für Körperbewegungen ich als nächstes beschreiben soll!
Es gibt so viel Spannendes bei unseren Hunden zu entdecken und dabei wäre es super, von euch inspiriert zu werden.
Liebe Grüße
Rebecca mit Pixie und Archie
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Hallo Rebecca,
ein sehr interressanter und ausführlicher Artikel.
Ich habe wieder viel neues über meinen Hund dazugelernt.
Wusste vorher nicht das es eine Gebetsstellung bei Hunden gibt.
Mach unbedingt weiter so!
LG Sonja
Moin Rebecca,
vielen Dank für den tollen Blogartikel. War wirklich sehr interessant!
LG Nina